(LK) Warum die Hennen auf dem Ortswappen nichts zu gackern haben, warum sich in Taxham einst ein architektonischer Nachtisch befand, welcher Pflanze Bürmoos seinen Namen verdankt und was Strobl mit dem Struwwelpeter zu tun hat, zeigt dieser aktuelle Grenzfall auf, der heute, Mittwoch, 4. November, erschienen ist.
Jeder Ortsname hat seine Geschichte. Und manche haben einiges zu erzählen. Für den Flachgau und die Stadt Salzburg gibt es sogar ein Lexikon zum Nachschlagen. Darin erfährt man, dass Henndorf am Wallersee um 800 Hohindorf – "in dem hoehen Dorf" hieß und später im Sprachgebrauch zu Henndorf wurde, was die Henne im Wappen erklärt, die aber sprachlich gesehen dort gar nicht hingehört.
Der Dialekt bewahrt häufig die richtige Herkunft des Namens, die heutige Schreibweise führt manchmal auf die falsche Fährte. Abtenau war ursprünglich die Ausiedlung eines Herren namens Appo, der später fälschlich zum Abt von St. Peter umgedeutet wurde. Der Hallwanger Ortsteil Esch hat mit der Esche nichts zu tun, sondern verdankt der mittelhochdeutschen Bezeichnung für Saatfeld seinen Namen. Die Salzburger Getreidegasse ist ein weiterer falscher Freund, wenn man an regen Handel mit Weizen und Hafer in alten Zeiten denkt. Der Name kommt vom Trab der Pferde, die die Fuhrwerke zu den dortigen Verkaufsläden zogen. Der Wallersee kann sich bei der Namensgebung nicht auf den gleichnamigen Fisch, eine riesige Welsart, sondern auf "vallarium", das lateinische Wort für Talsiedlung, berufen.
Ein Lusthaus zum Nachtisch
So richtig alt sind Ortsnamen aus der Keltenzeit. Anif stammt aus dem keltischen anapa für Sumpfwasser. Auch die Glan und der Gitzen haben keltische Namenswuzeln. Und manche Ortsbezeichnung steckt geschichtlich gesehen noch in der jugendlichen Wachstumsphase. Zu Bolaring, heute verdichteter sozialer Wohnbau in Taxham, hat der Volksmund das lateinische Wort bellaria gemacht, ein um 1750 errichtetes Lusthaus, das wörtlich übersetzt als Nachtisch bzw. "Naschwerk" das herrschaftliche Schloss Kleßheim abrundete.
Der Salzburger Ortsteil Abfalter kommt von Apfelbaum. Faistenau verdankt dem fruchtbaren und fetten – feisten – Boden seinen Namen.
Noch weitgehend geläufig sind die Bedeutungen der Dialektbezeichnungen "Bichl" für einen Hügel, der etwa in Maria Bühel in Erscheinung tritt, das Anhängsel -holz, wenn ein Waldgebiet gemeint, oder -schlag, wenn dieses Holz nicht mehr da ist. Der Bürglstein zwischen dem Salzburger Unfallkrankenhaus und dem Volksgarten hat mit Bürgern gar nichts am Hut, sondern bezieht seine Bedeutung vom althochdeutschen birgil, was kleiner Berg bedeutet. Weiter im Alphabet der Ortsnamen stößt man auf das heutige Bürmoos, die jüngste Gemeinde Salzburgs. Das "Bür" am Ortsnamenbeginn wurde noch vor etwas mehr als einem Jahrhundert "Bier" geschrieben, hat aber nichts mit dem Gerstensaft, sondern mit den dort auch heute noch zahlreich anzutreffenden Birken zu tun.
Zerbröseltes Drachenloch und importiertes Alpental
Beim Drachenloch bei Grödig überholte der Zahn der Zeit die Namensgebung. Der markante Felsbogen auf dem Grat zwischen Kienbergkopf und Schellenberger Sattel ist am Pfingstmontag 1935 eingestürzt, geblieben sind die noch heute sichtbare Einsenkung, eine danach benannte Häusergruppe und eine Straße. Nach einem Felbertal sucht man beim gleichnamigen Werkschulheim in Ebenau vergeblich, der Name wurde einfach aus dem Pinzgau, wo die Schule 1951 bei Mittersill gegründet wurde, mitgenommen.
Wenn Fuchsschwanz und Kuckuck Pate stehen
Und das Buch, als Historisch-Etymologisches Lexikon der Salzburger Ortsnamen in der Edition Tandem erschienen, klärt über Hintergründe zu seltsamen Ortsbezeichnungen auf. Fahrenzagl in Elixhausen lässt sich sprachgeschichtlich als Fuchsschwanz übersetzen. Der Fuschlsee war den Spätlateinern als Lacusculus, kleiner See, bekannt. Guggental bei Koppl hat tatsächlich den Kuckuck als Namenspatron. In Himmelreich wiederum sorgte keine spirituelle Erwartung für den Namen, sondern die günstige, waldfreie Lage des Platzes, was Walser Ortsentwickler weidlich zu nutzen wussten.
Ein Berg für den Kammerdiener und ein strubbeliger Ort
Noch etwas erfährt der neugierige Leser: Wenn auch noch heute etwas "in der Gnigl" zu finden ist, liegt das daran, dass damit früher nur das Gewässer, nämlich der Gniglerbach, gemeint war. Der Rainberg wurde früher Riedenburg-Berg, später Ofenlochberg genannt, seinen heutigen Namen bekam er vom erzbischöflichen Kammerdiener Christoph Rein, der 1687 starb.
Auch wenn sich in Siggerwiesen die städtische Kläranlage befindet: Hier ist sprachlich nichts versickert, einst besaß hier ein gewisser Sicco Wiesen und das vor mindestens 900 Jahren. Eine Besonderheit zum Schluss: Strobl am Wolfgangsee (für Spezialisten: früher auch Abersee und noch früher Illinger See genannt) ist nach der Familie Strobl benannt, deren Mitglieder als Wirte, Eisenniederleger und Amtsmänner des Domkapitels bekannt waren. Der Name deutet auf struppiges Haar hin, so wie auch beim Struwwelpeter. t257-60
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