Nr. 118 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages
(3. Session der 15. Gesetzgebungsperiode)
Anfrage
der Abg. Schneglberger und Klubvorsitzenden Steidl an die Landesregierung betreffend die Vorkehrungen für einen länger andauernden Stromausfall u. a. Ereignisse
Marc Elsberg beschreibt in seinem Roman "Blackout" eine Katastrophensituation in Europa und in den USA, die durch einen zweiwöchigen Stromausfall zustande gekommen ist. Auch wenn es sich um eine Fiktion handelt, zeigt dieser in Deutschland auch auf politischer Ebene bereits intensiv diskutierte Roman eines österreichischen Journalisten die Verwundbarkeit unserer Gesellschaft in unmissverständlicher Form auf. Bereits nach wenigen Tagen ohne Strom kommt es zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen und zum Zusammenbruch der gesellschaftlichen und staatlichen Ordnung.
Im Roman wird diese Situation durch Terroristen verursacht, die drei Schwachstellen unserer Informationsgesellschaft gekonnt ausnutzen. Sie senden Abschaltbefehle über digitale Stromzähler und infiltrierten die Steuerungssoftware für Kraftwerke.
Wenn man sich die Hackerattacke an die Salzburg AG in Erinnerung ruft und sich insbesondere auch den Umgang des Unternehmens damit vergegenwärtigt, muss festgestellt werden, dass kritische Infrastrukturen möglicherweise nicht ausreichend geschützt sind und auch die Stabilität der Stromversorgung leichter in Frage gestellt werden kann, als wir es uns gerne vorstellen.
Im Roman genügen durch Computerviren verursachte Fehlanzeigen in den Steuerungszentralen großer Kraftwerke, dass es zu Fehlreaktionen der gestressten Mitarbeiter kommt, die letztlich auch zu Störfällen in Kernkraftwerken führen – im Roman sind es neben französischen und abgeschalteten deutschen Kernkraftwerken auch das KKW in Temelin.
Der Autor schreibt übrigens in seinem Nachwort, dass er während seiner Arbeit zweimal von der Realität eingeholt wurde, einmal von der Manipulation der Systeme von Kraftwerken (die noch im Romanentwurf von 2009 zu finden waren) und von "der Gefahr, die von Notkühlsystemen der Kernkraftwerke ausgeht – bis zur Katastrophe in Fukushima".
Der Autor hofft in seinem Nachwort, dass sich die Realität beim Einholen seiner Fiktion mit diesen zwei Ereignissen zufrieden geben wird. Wenn auch diese Hoffnung generell besteht, so sind trotzdem gewisse Vorkehrungen unumgänglich.
In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten die
Anfrage:
1. In Deutschland wurde das Buch von Marc Elsberg öffentlich sehr ausführlich diskutiert und führte auch zu Denkanstößen in Entscheidungsgremien. Im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technologiefolgenabschätzung des deutschen Bundestages wurde der Bericht "Gefährdung und Verletzbarkeit moderner Gesellschaften – am Beispiel eines großräumigen und lang andauernden Ausfalls der Stromversorgung" diskutiert, der Elsbergs Recherchen bestätigte und die Endfassung des Romans beeinflusste. Ist dieser Bericht den zuständigen Abteilungen im Amt der Landesregierung bekannt und wenn ja, warum wird dieses brisante Thema auf Expertenebene nicht diskutiert?
2. Der Computerwurm Stuxnet wurde 2010 entdeckt. Dieses Schadprogramm wurde speziell für ein bestimmtes System zur Überwachung und Steuerung technischer Prozesse in Kraftwerken entwickelt. Inwieweit könnten auch kritische Infrastrukturen im Land Salzburg hier verwundbar sein, zum Beispiel die Tauernkraftwerke?
3. Besonders kritisch wird im Roman die Situation in den Krankenhäusern bereits nach drei Tagen ohne Strom geschildert. Wie lange könnten die Salzburger Krankenhäuser mit Notstrom ihren Betrieb aufrechterhalten?
4. In der Fiktion bricht bereits nach zwei Tagen die Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern und Dienstleistungen zusammen. Dies führt im Roman zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen und chaotischen anarchischen Zuständen insbesondere in Ballungsräumen. Aber auch in der Landwirtschaft kommt es schnell zu Problemen, z. B. können die Kühe ohne Strom nicht mehr gemolken werden und verenden qualvoll. Inwieweit wäre die Salzburger Landesregierung in der Lage, eine Basisversorgung der Bevölkerung für mehrere Wochen aufrecht zu erhalten?
5. Inwieweit sind Vorkehrungen getroffen, dass mit Hilfe kleiner Wasserkraftwerke lokale
Strominseln aufgebaut werden können, wenn das überregionale Versorgungsnetz nicht wieder hochgefahren werden kann?
6. Um zumindest die ersten Tage in einer solchen Situation zu überbrücken, wäre eine individuelle Notreserve für die Haushalte mit Trinkwasser und haltbaren Lebensmitteln sowie wichtigen Medikamenten erforderlich. Dies durchzuführen ist zwar nicht Aufgabe der öffentlichen Hand, wesentlich dafür wäre jedoch die Organisation dieser Tätigkeit. Bestehen dafür Handlungsanleitungen oder überhaupt Regelungen?
7. Ein bedeutender Grund für die Verletzbarkeit der Stromversorgung liegt im auch politisch gewollten Umbau der Energiesysteme. Während noch vor wenigen Jahrzehnten die Staaten der EU weitgehend autonom in ihrer Energieversorgung waren und einem Nachbarstaat bei Problemen auch helfen konnten, sind die Staaten heute voneinander abhängig. Die politisch gewollte Anhebung des Anteils erneuerbarer Energien wird dieses Problem noch verschärfen. In diesem Zusammenhang ist auch der Ausbau der 380 kv Ringleitung in Österreich auch sicherheitspolitisch als vorrangiges Projekt zu betrachten. Die Probleme im Zusammenhang mit der Realisierung zeigen jedoch, dass es bisher noch kaum gelungen ist, diese wichtigen Zusammenhänge der Bevölkerung zu vermitteln. Warum wird seitens der Landesregierung nicht mehr getan, um die Öffentlichkeit darüber zu informieren?
8. Ein wesentlicher Grund für das Eindringen der Terroristen in die Netzwerke von Regierungen, Infrastrukturbetreibern und auch Sicherheitsdienststellen ist der Faktor Mensch. Einige Vorkommnisse der letzten Zeit lassen vermuten, dass gezielte Attacken auf kritische Infrastrukturen des Landes Salzburg erfolgreich sein könnten. Sind daher die bestehenden Sicherheitssysteme in Land, Gemeinden und Infrastrukturen ausreichend abgesichert?
9. Bundesministerien und auch das Magistrat Wien haben in den vergangenen Jahren ausgefeilte Zutrittssysteme eingerichtet. Sind die Zugangsbeschränkungen und Überwachungssysteme in den Salzburger Amtsgebäuden ausreichend, um böswilliges Eindringen (in die Computersysteme) zu verhindern? Auch im Falle von dislozierten Dienststellen?
10. Die Aufrechterhaltung der Computersysteme und Stromversorgung für eine längere Zeit würden im Fall des Falles für das Bewältigen einer Katastrophe von enormer Bedeutung sein. Hat das Amt der Landesregierung selbst Vorsorge für einen solchen Katastrophenfall getroffen?
Salzburg, am 22. September 2014
Schneglberger eh. | Steidl eh. |