Nr. 118 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages
(4. Session der 15. Gesetzgebungsperiode)
Antrag
der Abg.Mag.a Dr.in Humer-Vogl und Hofbauer betreffend dieregulierte Freigabe von Cannabis für medizinische Zwecke
Cannabis kann bei Menschen mit Multipler Sklerose,chronischen Schmerzen, Übelkeit und Appetitlosigkeit während der Chemotherapie,aber auch bei Magersucht zu einer Verbesserung der Lebensqualität beitragen.Diese PatientInnen-Gruppen suchen häufig nach Alternativen zu herkömmlichenSchmerzmitteln. Letztere sind für Langzeittherapien aufgrund der starkenNebenwirkungen jedoch wenig verträglich. Cannabis dagegen wird schon seit Jahrtausendenals langfristig wirkendes Schmerzmittel eingesetzt – ohne die Nebenwirkungender gängigen Substanzen wie Blutverdünnung, Magenbeschwerden und nachlassenderWirkung bei langfristigem Gebrauch.
Seit 1998 ist das Cannabinoid THC – einHauptwirkstoff von Cannabis – in Österreich als Therapeutikum zugelassen. Eswird in Österreich hauptsächlich als synthetisches Dronabinol verschrieben. THCist jedoch nur eines von über 50 Cannabinoiden, die in den Pflanzen enthaltensind. PatientInnen berichten, dass die synthetische Substanz jedoch wenigerverträglich ist und mehr Nebenwirkungen aufweist, als die natürliche Substanz.
Leider gibt es derzeit nur wenige ÄrztInnen inÖsterreich, die Medikamente auf Cannabinoid-Basis verschreiben. Die Medikamentemüssen mit einem Suchtgiftrezept verordnet werden und sind chefarztpflichtig.Ein großes Problem ist auch der hohe Preis dieser Arzneimittel. PatientInnenmüssen sehr oft die hohen Kosten dafür aus eigener Tasche bezahlen, da dieBewilligungspraxis der ChefärztInnen der Krankenkassen sehr restriktiv ist.
Die Folge: PatientInnen greifen in ihrer Not undVerzweiflung mitunter selbst zu natürlichem Cannabis und machen sich dadurchstrafbar, denn die Substanz fällt in Österreich unter das Suchtmittelgesetz:Besitz, Konsum und Handel sind verboten. Ein weiteres Problem ergibt sichdadurch, dass diese Selbsttherapie zumeist ohne ärztliche Überwachung erfolgt,was insbesondere bei Erkrankungen mit psychischen Faktoren problematisch seinkann.
Eine wesentliche Erleichterung kann hier dieVerschreibung von Cannabisblüten und deren Abgabe in Apotheken bringen. Ebensowürde die Zulassung des Eigenanbaues für medizinische Zwecke eine großefinanzielle Entlastung für die Betroffenen bringen.
Die jüngste Novelle der Suchtgiftverordnung stellthier einen ersten wichtigen Schritt dar: Zubereitungen aus Cannabisextrakten,die als Arzneispezialitäten zugelassen sind sowie der
aus Cannabisextrakten isolierte WirkstoffDelta-9-Tetrahydrocannabinol mit einem standardisierten Reinheitsgrad von mehrals 95 % darf nun für magistrale Zubereitungen verwendet werden.
Die regulierte Freigabe von Cannabis fürmedizinische Zwecke hat vor allem den Vorteil, dass Cannabis in die Therapieder PatientInnen nun kontrolliert eingebunden und berücksichtigt werden kann.So werden Doppelverschreibungen (etwa anderer Antiemetika, Antidepressiva)vermieden, Nebenwirkungen (Schläfrigkeit, trockene Schleimhäute,Halluzinationen) richtig zugeordnet oder möglichst vermieden und die Therapienkönnen besser aufeinander abgestimmt werden (z. B. bei gleichzeitigerPsychotherapie).
Um die betroffenen PatientInnen-Gruppen so gut wiemöglich – auch finanziell – zu entlasten, muss es weitreichendere Regelungengeben: Die Verbilligung der synthetischen Medikamente auf Cannabis-Basis, dieMöglichkeit der Verschreibung ohne Suchtgiftrezept, die Aufhebung derChefarztpflicht sowie die Zulassung des Eigenanbaues von Cannabis fürbetroffene PatientInnen.
In diesem Zusammenhangstellen die unterzeichneten Abgeordneten den
Antrag,
der Salzburger Landtagwolle beschließen:
Die Landesregierung wirdersucht, an die Bundesregierung mit der Forderung heranzutreten, dieSuchtgiftverordnung abzuändern sowie gesetzliche Regelungen zu schaffen, um
den Eigenanbau fürmedizinische Zwecke zu ermöglichen und
bürokratische Hürden wie Chefarztpflicht oder die Verschreibungmittels Suchtgiftrezept für Cannabis-Medizin zu beseitigen.
Die Landesregierung wirdweiters ersucht, an die Bundesregierung mit den Forderungen heranzutreten,
die Entwicklung von Medikamenten mit natürlichemTHC zu fördern,
klinische Studien in diesem Gebiet zu fördern, umweitere wissenschaftlich fundierte Informationen zu erhalten, wann, wie und vorallem welche Cannabinoid-Präparate bei welchen Erkrankungen als Medikamentsinnvoll eingesetzt werden können sowie
sich für eine Verbilligung der synthetischenMedikamente auf Cannabis-Basis einzusetzen.
Dieser Antrag wird demSozial- und Gesundheitsausschuss zur weiteren Beratung, Berichterstattung undAntragstellung zugewiesen.
Salzburg, am 4. November 2015
Mag.a Dr.in Humer-Vogl eh. |
| Hofbauer eh. |