Nr. 292 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages
(4. Session der 16. Gesetzgebungsperiode)
Bericht
des Petitionsausschusses zur Petition gegen den Deponiestandort Karlsreith neben dem Naturschutzgebiet Wenger Moor
Der Petitionsausschuss hat sich in der Sitzung vom 10. März 2021 mit der Petition befasst.
Abg. Stöllner stellt in seinem einleitenden Bericht fest, dass es ein klares Bekenntnis zum Ausbau der Bahn gebe und der Bau des Köstendorf-Tunnels ein Jahrhundertprojekt der ÖBB sei. Dieses Projekt sei außerordentlich wichtig für den Flachgau, zugleich müssten jedoch die Rahmenbedingungen passen. Das bedeute, dass für beste Schutzmaßnahmen für Bevölkerung und Umwelt gesorgt sein müsse. Deshalb seien nicht nur wirtschaftliche Überlegungen zu prüfen. Die Anliegen der Petenten müssten ernst genommen und Kosten und Risiken besser herausgearbeitet werden. Da es sich beim Ausbruchmaterial nicht um Schotter oder Gestein, sondern um Flysch handle, müsse dieses Material deponiert werden. Deshalb sei es notwendig, die bestmögliche Variante für den Abtransport und die Deponierung des Aushubmaterials zu finden. Dies solle möglichst schonend geschehen.
Frau Neudecker (Petentin) berichtet, dass die Anrainer keine relevanten Informationen vom Projektbetreiber erhalten hätten. Vom Bürgermeister seien sie über den Stand des Verfahrens informiert worden sowie, dass von der Gemeinde der Wunsch nach einem verträglichen Abtransport eingebracht worden sei. Sie habe in Erfahrung bringen können, dass der Deponiestandort Karlsreith als zu belastend einzustufen sei. Die Aufschüttung solle auf einem Erdberg in der Nähe des Naturschutzgebiets Wenger Moor erfolgen. Die Anrainer seien sehr besorgt, das sie 15 Jahre lang mit enormen Belastungen leben müssten. Es gehe um den Schutz von Mensch, Tier und Natur und um einen maßvollen Flächenverbrauch. Die Anrainer seien daher um Unterstützung an den Salzburger Landtag herangetreten und ersuchten, dass die Bedenken an die Fachabteilungen der Salzburger Landesregierung weitergeleitet würden.
Klubobmann Abg. Mag. Mayer bedankt sich für die Qualität der eingebrachten Petition, die komplexe Prozesse behandle. Er teile die Ansicht, dass die Rechtslage bei Aushubdeponien nicht klar genug geregelt sei. Der Landtag habe daher bei einem ähnlichen Projekt die erforderlichen Beschlüsse gefasst und den Bundesgesetzgeber ersucht, nähere Festlegungen im Abfallwirtschaftsgesetz zu normieren. Zugleich werde versucht, im eigenen Wirkungsbereich Lösungen zu finden. Dafür sei voraussichtlich das Raumordnungsgesetz (ROG) das geeignetste Instrument. Dieser Auftrag, den sich der Landtag bezüglich der Petition Henndorf selbst gegeben habe, gelte auch für die Gemeinde Köstendorf. Alle Einwendungen, die zum Projekt vorgebracht würden, müssten gewürdigt werden. Es sei wünschenswert, dass Anrainerinteressen berücksichtigt und der Dialog mit Gemeinden und Anrainern geführt werde.
Abg. Dr.in Klausner fügt an, dass die vorgebrachten Bedenken verständlich seien. Das Projekt solle im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten so schonend wie möglich realisiert werden. Die Interessen der Anrainerinnen und Anrainer sowie der Schutz der Umwelt müssten dabei beachtet werden.
Abg. Scheinast führt aus, dass er sich im Lokalaugenschein und bei vielen Gesprächen vor Ort ein ausführliches Bild habe machen können. Die Baustelle sprenge herkömmliche Dimensionen in Bezug auf Materialtransport, Aushub, technische Geräte, Größe und auch Belastung der Anrainer. Ein verträglicher und zügiger Ausbau der Bahn solle das Ziel sein. Dieser solle aber möglichst schonend für Menschen und Umwelt vonstattengehen. Die Problemlage sei vielfältig und allen Seiten bewusst.
Bürgermeister Wagner (Gemeinde Köstendorf) antwortet auf die Fragen der Abgeordneten zum Flächenverbrauch, dass es sich um ein 30 Hektar großes Bauvorhaben handle. Eine zusätzliche Deponiefläche von 40 Hektar sei nie in Frage gekommen, da die Region Köstendorf keine zusätzliche Belastung vertrage. Insbesondere befinde man sich mit dem Wenger Moor in einem sensiblen Gebiet im Naturschutz. Diese Entwicklung sei nicht zufriedenstellend. Er wünsche sich, dass die ÖBB die komplexe Thematik der Energiebilanz näher durchleuchte und in die Bewertungen mit hineinfließen lasse. Bei der Berechnung der Verkehrsströme könne er keine Energiebilanz feststellen. Es handle sich um eine komplexe Thematik und er ersuche, dass dies in die Bewertung einfließe. Mit den Projektbetreibern sei schon mehrfach der Abtransport per Bahn versus Deponie vor Ort besprochen worden. In der Bewertungsmatrix werde in der Bewertung Umwelt und Natur die Bahnabfuhr klar in den Vordergrund gestellt. Eine gemeinsame Projektentwicklung mit Kompromissbereitschaft wäre wünschenswert.
Herr Neumayr (Bürgerinitiative verträglicher Bahnausbau) gibt zu bedenken, dass sich aus dem Projekt eine Konzentration an Belastungen durch den Tunnelbau und die Deponie für Köstendorf ergebe. Die zusätzliche Staubbelastung sowie die Belastung der Gewässer sei schwer in den Griff zu bekommen. Zudem würden Grenzwerte überschritten. Erschwerend käme hinzu, dass sich die Deponie auf einem Hügel befände und damit dem Wind ausgesetzt sei, was zu Staubaustrag führe. Gewässerschäden seien ebenfalls zu befürchten.
DI Dr. Graggaber MBA (Abteilung 5) erläutert auf Ersuchen von Abg. HR Prof. Dr. Schöchl den Ablauf des UVP-Verfahrens. Für eine Genehmigung der HL-Strecke inklusive Tunnel, Aushub und Deponierung sei ein UVP-Verfahren notwendig. Das Grundsatzverfahren sei beim zuständigen Ministerium anhängig. Geprüft werde die grundsätzliche Umweltverträglichkeit und auch die Trassenführung werde mitgenehmigt. Teil des Prüfverfahrens seien auch die Auswirkungen des generierten Verkehrs auf der Straße. Bei einem UVP-Verfahren gebe es eine breitere Parteistellung als bei anderen Verfahren. Beispielsweise habe die Standortgemeinde Parteistellung und es gebe umfassende Nachbarrechte. Bürgerinitiativen, die Landesumweltanwaltschaft oder Umweltorganisationen hätten ebenso Parteistellung. Derzeit sei das Grundsatzverfahren beim Ministerium anhängig, danach erfolge ein Detailgenehmigungsverfahren mit dem Wasserrecht auf Bundesebene und auf Landesebene ein teilkonzentriertes Verfahren zum Beispiel im Naturschutzrecht oder die Beurteilung im Landesstraßenrecht. Zum Ablauf erläutert der Experte, dass die ÖBB nach der Grundsatzgenehmigung beim Land einreiche. Danach seien notwendige weitere Genehmigungen auf Landesebene einzuholen. Für die Grundsatzgenehmigungen greife der Bund nicht auf die Sachverständigen des Landes zurück, sondern beauftrage eigene Sachverständige. Da der Gemeinde Parteistellung zukomme, habe diese viele Informationen vorliegen.
DI Höss (ÖBB) führt aus, dass das Grundsatzgenehmigungsverfahren den ersten Schritt darstelle. Erst danach käme das Detailgenehmigungsverfahren. Zuerst müsse der äußere Projektrahmen abgesteckt werden. Die Grundsatzgenehmigung gehe von einer Worst-Case-Betrachtung aus. Es habe eine umfangreiche Kartierung stattgefunden, bei der bereits mehrere hundert Tiere erfasst worden seien. Das Bundesministerium räume Zeit für weitere Untersuchungen ein. Viele Gespräche hätten bereits stattgefunden und man sei auf der Suche nach der besten Lösung. Bei vielen Punkten sei das Einvernehmen mit den Gemeinden gelungen, jedoch könnten bei einer Baustellenlänge von 22 km nicht alle Wünsche einvernehmlich gelöst werden. Es sei schon vieles geändert und viele Wünsche durchgesetzt worden. Die Bahnverfuhr würde großteils in der Nacht mit fünf bis sechs Zügen stattfinden. Die Züge müssten aus technischen Gründen leer zurückfahren. Es handle sich um 1.200 Nettotonnen pro Zug und eine Länge von etwa 400 m pro Zug. Die Belassung des Betonwerks vor Ort stelle einen logistischen Vorteil dar. In der Detailgenehmigung werde die Zufuhr per Bahn noch untersucht und im Anschluss veröffentlicht werden. In der Matrixbetrachtung betrage der Anteil der Umwelt 60 %, des Verkehrs 20 % und die Kosten und Wirtschaftlichkeit 20 %. Bezüglich der Transportvarianten müsse das Unternehmen gesamtheitlich denken. Für eine positive UVP-Genehmigung müssten sich die Belastungen immer innerhalb der gesetzlichen Grenzwerte bewegen.
Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Schellhorn konstatiert, dass es sich um eine wichtige Petition handle und der Landtag das richtige Gremium für die Diskussion sei. Es handle sich um ein sehr kritisches unabhängiges Verfahren. Aus diesem Grund sei der erste Deponiestandort gefallen. Die Juristen und Juristinnen im Ministerium würden sich die Unterlagen sehr genau anschauen. Das Projekt habe starke Auswirkungen auf die Bevölkerung und stehe verkehrspolitisch gleichzeitig außer Streit. Die Interessen der Menschen und der Natur seien zu 100 % zu berücksichtigen. Den Standort für die Deponie sehe er kritisch und andere Lösungen seien wünschenswert. Im Interesse der Bevölkerung müssten dafür auch Mehrkosten in Betracht gezogen werden.
Abg. Scheinast beantragt, den Bericht der Experten zur Kenntnis zu nehmen. Dieser Erledigungsvorschlag wird einstimmig angenommen.
Der Petitionsausschuss stellt einstimmig den
Antrag,
der Salzburger Landtag wolle beschließen:
Der Bericht wird zur Kenntnis genommen.
Salzburg, am 10. März 2020
Der Vorsitzende:
Teufl eh.
Der Berichterstatter:
Stöllner eh.
Beschluss des Salzburger Landtages vom 24. März 2021:
Der Antrag wurde einstimmig zum Beschluss erhoben.