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Nr. 272 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages

(2. Session der 17. Gesetzgebungsperiode)

Antrag

der Abg. Klubobfrau Mag.a Berthold MBA, Mag.a Dr.in Humer-Vogl und Heilig-Hofbauer BA MBA betreffend Housing First in der Wohnbauförderung

Schwere Schicksalsschläge – eine Trennung, Krankheit oder der Verlust des Arbeitsplatzes - können zum Verlust der Wohnung führen. Ein geregelter Alltag und soziale Kontakte aufrecht zu erhalten, wird fast unmöglich. Das Forum Wohnungslosenhilfe Salzburg hat 2022 erhoben, dass rund 800 Menschen in Salzburg dezidiert obdach- bzw. wohnungslos sind (fo-rumwlh.at). Insgesamt waren 1.557 Menschen nicht oder in Notunterkünften oder in prekären Situationen wohnversorgt.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAWO) benennt in ihrer bundesweiten Strategie „Obdachlosigkeit beenden“ den Housing First Ansatz (eine eigene Wohnung + freiwillige Beratung und Betreuung) als grundlegendes Prinzip.

Housing First bedeutet, dass anstelle der Unterbringung in Notquartieren oder Übergangs-wohneinrichtungen wohnungslose Menschen direkten Zugang zu einer eigenen Wohnung erhalten. Sie schließen einen persönlichen Mietvertrag ab und tragen selbst die Verantwortung für die Mietkosten. Sozialarbeiter:innen stehen bei der Anmietung und anderen Herausforderungen bei Bedarf unterstützend und längerfristig zur Seite. Housing First geht davon aus, dass eine eigene Wohnung Stabilität bietet und das Vertrauen der Menschen in ihre eigene Lösungskompetenz stärkt. Der Ansatz wurde in den USA Anfang der 90er Jahre entwickelt, in Finnland wurde das Konzept konsequent umgesetzt und die Zahl der Obdachlosen ist stark zurückgegangen.

In Vorarlberg wird seit 2006 nach dem Housing First-Ansatz gearbeitet, seit rund zehn Jahren ist er in die Wohnbauförderung integriert. Das Soziale Netzwerk Wohnen koordiniert die Umsetzung, arbeitet eng mit dem Land (Sozial- und der Wohnbauabteilung), den Gemeinden und gemeinnützigen Wohnbauträgern zusammen und hat bereits rund 240 Wohnungen in 50 Gemeinden vergeben. Konkret muss bei jeder neuen Wohnanlage eine Wohnung dem Sozialen Netzwerk Wohnen zur Verfügung gestellt werden. Über 100 Plätze in Notunterkünften bzw. betreuten Einrichtungen konnten abgebaut werden. Vorarlberger Sozialeinrichtungen begleiten und betreuen die Menschen in den Wohnungen im Rahmen ihrer bestehenden sozialarbeiterischen Arbeit. Es waren – bis auf die rund zehn Stunden Koordinationstätigkeiten pro Monat – keine neuen Betreuungsressourcen notwendig.

VinziDach bietet Housing First bereits seit 2012, jedoch nur in der Stadt Salzburg an. Für einige Monate, befristet bis September 2024, beteiligt sich Salzburg nun auch am österreichweiten Projekt „zuhause ankommen“. Damit wird deutlich, dass in Salzburg ein langfristiges und landesweites Angebot für obdach- bzw. wohnungslose Menschen fehlt, das auch strukturell verankert ist.

Daher fordern die GRÜNEN, Housing First nachhaltig in die Salzburger Wohnpolitik aufzunehmen. Dabei sollen das Land, die Gemeinden, gemeinnützige Wohnbauträger und Wohnungslosenhilfe eng kooperieren. Konkret soll bei neuen Wohnanlagen eine Wohnung für „Housing First“ zur Verfügung gestellt werden und die gleichzeitige Begleitung aus der Obdachlosigkeit sichergestellt werden.

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten den

Antrag,

der Salzburger Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert,

  1. in Orientierung an den langjährigen guten Erfahrungen von Vorarlberg den Housing First-Ansatz in die neue Wohnbauförderung zu integrieren,
  2. die Koordinationstätigkeit (analog dem Vorarlberger Sozialen Netzwerk Wohnen) finanziell zu unterstützen und
  3. für die Umsetzung die Zusammenarbeit zwischen Land, Gemeinden, gemeinnützige Wohnbauträger und den Sozialeinrichtungen voranzutreiben.
  4. Dieser Antrag wird dem Verwaltungs- und Verfassungsausschuss zur weiteren Beratung, Berichterstattung und Antragstellung zugewiesen.

Salzburg, am 31. Jänner 2024

Mag.a Berthold MBA eh.

Mag.a Dr.in Humer-Vogl eh.

Heilig-Hofbauer BA MBA eh.