Nr. 032 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages
(3. Session der 17. Gesetzgebungsperiode)
des Petitionsausschusses zur Petition des „Volksbegehrens für ein Bundes-Jagdgesetz“ betreffend die Vogelabschussplanverordnung
Der Petitionsausschuss hat sich in der Sitzung vom 11. September 2024 mit der Petition befasst.
Abg. Mag.a Dr.in Humer-Vogl schildert eingangs das Anliegen der vorliegenden Petition. Ziel sei die Rücknahme der Vogelabschussplanverordnung 2024 und 2025, welche Höchstabschüsse für Raben- und Wasservögel vorsehe. Dieser Forderung schließe sie sich vollinhaltlich an. Laut Verordnung dürften jeweils bis zu 3.625 Rabenkrähen, 560 Elstern, 1.185 Eichelhäher, 99 Graureiher und 115 Kormorane geschossen werden. Dies komme einem Freifahrtsschein für die Erschießung tausender geschützter Vögel gleich. Der Verordnung mangle es an ausreichender Faktenbasis, da beispielsweise der Rückgang des Fischbestandes Graureihern und Kormoranen angelastet werde, ohne andere Ursachen, wie zB Klimawandel und Umweltverschmutzung miteinzubeziehen. Weiters sei die Methode der Berechnung der landwirtschaftlichen Schäden zu kritisieren und dass die Anwendung gelinderer Mittel gegenüber dem Abschuss nicht geprüft worden sei. Zudem sei man der Ansicht, dass die Aarhus-Konvention mit der Verordnung umgangen werde, was ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich nach sich ziehen könnte. Es fehle außerdem an einer faktenorientieren Entscheidungsgrundlage, nämlich einer Untersuchung zum Erhaltungszustand aller betroffenen Vogelarten. In weiterer Folge ersucht sie um eine Einschätzung der Verordnung aus vogelkundlicher Sicht und stellt Fragen zu den in der Vogelschutzrichtlinie festgelegten Ausnahmetatbeständen, zur Umsetzung der Aarhus-Konvention, zum erforderlichen Monitoring und zu alternativen Lösungsansätzen zum Abschuss. Abg. Mag.a Dr.in Humer-Vogl beantragt für die GRÜNEN folgende Erledigung:
Die Salzburger Landesregierung wird ersucht, die Verordnung, mit der Höchstabschüsse für Rabenvögel (Rabenkrähe, Elster und Eichelhäher) sowie Wasservögel (Grau- oder Fischreiher und Kormoran) für die Jahre 2024 und 2025 festgelegt worden sind (Vogelabschussplanverordnung 2024 und 2025), zurückzunehmen.
Zweiter Präsident KommR Teufl verweist zunächst auf die umfangreichen Erläuterungen zur Verordnung, welche die Entscheidungsgrundlagen ganz klar darlegten. Es gehe um den Ausgleich von Nutzungskonflikten zwischen den unterschiedlichen Landnutzergruppen und den Erhalt der Artenvielfalt. In Salzburg profitiere man ganz wesentlich von der Kulturlandschaft, also dem Produkt aus Naturlandschaft und menschlicher Nutzung. Dabei gebe es Wildtiere, die von der Erhaltung der Kulturlandschaft beeinträchtigt würden, aber auch solche, die davon profitierten. Um dieses Ungleichgewicht zu beheben, brauche es Maßnahmen wie die lokale Regulierung des Wildbestandes. Hauptziel sei dabei die Vergrämung, nicht die Ausrottung der Wildtiere. Diese Maßnahmen würden auch nur dann gesetzt, wenn nach sorgfältiger Erhebung und Datenanalyse nachweislich ein erheblicher Schaden aufgetreten sei. Solche Schäden entstünden beispielsweise durch Rabenkrähen, vor allem bei der Erzeugung von Silage aus Gras oder Mais. Die Vögel pickten die schützenden Folien auf, wodurch die Silage verderben könne. In Salzburg gebe es insgesamt ca. 46.000 ha Gründlandflächen, auf denen Grassilagen erzeugt würden. Diese Produktion gelte es zu schützen. Die Vogelabschussplanverordnung sei daher ein notwendiges und sinnvolles Instrument, weil sie Nutzungskonflikte minimiere und eine nachhaltige Bewirtschaftung gewährleiste. Abschließend wolle er noch eine Lanze für das Fachpersonal im Jagd- und Fischereiwesen brechen. Die Jagd auf die in der Verordnung erwähnten Vögel bereite keineswegs großen Spaß, wie in der Petition behauptet werde, sondern sei eine lästige und sehr aufwändige, aber notwendige Pflichterfüllung. Dank gebühre auch den Jagdausübungsberechtigten sowie den Jagdschutz- und Fischereiaufsichtsorganen für ihre unentgeltliche Arbeit im Rahmen des Monitorings und der Wildtierzählung. Weiters stellt Zweiter Präsident KommR Teufl noch verschiedene Fragen an den Experten der Landwirtschaftsabteilung.
Abg. Schwabl erläutert, dass bei den EU-Beitrittsverhandlungen bedauerlicherweise vergessen worden sei festzulegen, dass es auch für Vögel eine Schon- und Schusszeit geben solle. In Österreichs Nachbarländern gebe es hingegen sehr wohl Schon- und Schusszeiten für Vögel, beispielsweise in Bayern. Es brauche daher diese Verordnung, um das Ökosystem im Gleichgewicht zu erhalten. Der Abschussplan diene der Verwaltungsvereinfachung und der Rechtssicherheit. Im Rahmen solcher Bewilligungsverfahren sehe § 150a Jagdgesetz übrigens die Beteiligung von anerkannten Umweltorganisationen ausdrücklich vor. Abschließend betont Abg. Schwabl, dass es bei der Vogelabschussplanverordnung nur um Vergrämung gehe, nicht jedoch um die Ausrottung bestimmter Vogelarten.
Abg. Dr.in Dollinger stellt fest, dass es im Hohen Haus nichts Neues sei, dass sich die Interessen von Landwirtschaft und Naturschutz widersprächen. Sie erinnere dazu nur an die Biotopkartierung. Die Regierungsparteien hätten auch immer wieder Anträge gegen Teile des Green Deal eingebracht, etwa zum Thema Renaturierung. Auf der anderen Seite sei man nun interessanterweise stolz darauf, dass man Millionen für die Antheringer Au ausgegeben habe, um dort renaturieren zu können. Auch die Aarhus-Konvention sei im Hinblick auf die Umsetzung noch nie Liebkind des Landes Salzburg gewesen. Die Vogelabschlussplanverordnung trage nun offensichtlich auch nicht gerade dazu bei, dass diese Rahmenbedingungen eingehalten würden. In der Petition werde ausgeführt, dass die Methode zur Berechnung der Schäden nicht korrekt sei und die Ergebnisse der Vogelzählung zweifelhaft seien. Hier ersuche sie um Aufklärung von Seiten der Expertinnen und Experten.
Abg. Mag. Eichinger stellt die Frage, wie hoch die von den Vögeln verursachten Schäden tatsächlich seien und ob diese nicht vielleicht auch einen Nutzen für die Landwirtschaft brächten. Weiters erkundigt er sich nach Alternativen zum Abschuss der Tiere.
Aufgrund technischer Probleme ist es dem Vertreter der Petenten, Univ.-Prof. Dr. Kotrschal, nicht möglich, seine Stellungnahme im Rahmen der Videokonferenz abzugeben, weswegen dies kurzfristig von Mag. Purtscher übernommen wird. Es werden nochmals die in der Petition schriftlich niedergelegten Argumente erläutert, die aus Sicht der Petenten die Rücknahme der Verordnung erforderten.
Mag.a Medicus (Ornithologin) geht sodann detailliert auf die an sie gestellten Fragen ein. Sie erläutert zunächst, dass es aus ihrer Sicht notwendig sei, auch Expertinnen und Experten aus der Vogelkunde an den Bestandserhebungen zu beteiligen. Gerade beim Graureiher sei der angegebene ganzjährige Bestand von 770 Tieren höchst zweifelhaft und liege wahrscheinlich eher bei der Hälfte. Die Schadensberechnung am Beispiel der Fischerei sei deswegen zu kritisieren, weil jeder gefressene Fisch als Schaden betrachtet werde. Es stammten jedoch bei weitem nicht alle Fische aus Beständen, die zum Verkauf bestimmt seien. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass die Ursachen für Rückgänge bei den Fischbeständen in erster Linie auf die derzeit bestehenden Probleme in den Ökosystemen, vor allem deren Zerstörung und Veränderung, zurückzuführen sei. Zu den Graureihern mache sie außerdem darauf aufmerksam, dass diese nicht nur fischgeprägt seien, sondern ein erheblicher Bestandteil ihrer Nahrung Mäuse seien, was für die Landwirtschaft gut sei. Auch andere Vögel brächten einen Nutzen für die Land- und Forstwirtschaft, so pflanze der Eichelhäher jährlich zwischen 3.000 und 5.000 Eichen, von denen rund 1.700 aufgingen. Zur Frage nach einer Bestandszunahme bei den Rabenvögeln führt Mag.a Medicus aus, dass es aus ihrer Sicht in den letzten Jahren zu keiner Bestandszunahme im großen Stil gekommen sei, vor allem bei Elstern und Eichelhähern sei der Bestand sogar rückläufig. Eine Gefährdung von Beständen anderer Vogelarten durch Rabenvögel sei jedenfalls nicht nachweisbar. Mag.a Medicus erläutert sodann, welche gelinderen Mittel im Vergleich zum Abschuss möglich seien, wie beispielsweise Rupfungsbilder und Ballons oder die nicht sofortige Bestellung von Feldern nach dem Umbruch. Siloballen sollten nicht auf den Feldern belassen werden, sondern so bald wie möglich zur Hofstelle verbracht und dort allenfalls mit Gitterfolien abgedeckt werden. Silage sei ein sehr wertvolles Gut und solle daher auch dementsprechend sorgfältig behandelt werden. In einer weiteren Wortmeldung appeliert Mag.a Medicus, die Expertinnen und Experten aus der Vogelkunde künftig in die Diskussion und vor allem in die Bestandserhebungen und das Monitoring miteinzubeziehen.
Ing. Mag. Dr. Falkensteiner (Referat Grundverkehr, Jagd und Fischerei) stellt fest, dass die wesentliche Frage sei, wie diese Verordnung erarbeitet worden sei. § 3 Jagdgesetz sehe als Grundsatz für die Ausübung der Jagd vor, dass ein gesunder und artenreicher Wildbestand erhalten bleibe müsse, der an den vorhandenen Lebensraum angepasst sei. Weiters sei festgelegt, dass die freilebende Tierwelt als wesentlicher Bestandteil der heimischen Natur und als Teil des natürlichen Wirkungsgefüges in ihrer Vielfalt zu bewahren sei. Dies sage schon sehr viel über den Schutzgedanken der Jagd aus. Das bei der Verordnungserstellung zu beachtende Schutzgut sei die Population, also der gesamte überregionale Tierbestand. Der Zustand der Population werde aufgrund von Zählungen durch Expertinnen und Experten beurteilt. Dabei handle es sich um Personen, die die Jagd- oder Fischereiprüfung abgelegt hätten, welche zumeist auch Wacheorgane seien, die einen Eid auf die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen des Landes Salzburg abgelegt hätten. Es handle sich somit um kompetente Personen, weswegen auch die Ergebnisse der Zählungen glaubhaft seien. Aufgrund des festgestellten Ausmaßes der Populationen werde dann ermittelt, wie hoch die Abschüsse maximal sein dürften und dies dann auf die Bestände in den Regionen heruntergebrochen. Auf Ebene der Wildregionen könne dann eine bestimmte Anzahl an Tieren entnommen werden, dies sei jedoch kein Muß. Die Entnahme müsse natürlich sachlich fundiert begründet sein durch das Vorliegen tatsächlicher Schäden. Ein Schaden könne nicht nur finanzieller Natur sein, sondern auch in der Störung des Wirkungsgefüges der Natur bestehen. Im Hinblick auf die Aarhus-Konvention sei auszuführen, dass im Rahmen der Bescheiderlassungen auf regionaler Ebene durch die Bezirksjägermeister natürlich jede anerkannte Naturschutzorganisation die Möglichkeit habe, Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht zu erheben. Die Vorgaben der Aarhus-Konvention würden somit in keiner Weise ausgehebelt.
DI Lanschützer (Landwirtschaftskammer Salzburg) sagt, dass man mit alternativen Maßnahmen zur Vergrämung langjährige Erfahrung habe. Rabenvögel seien sehr intelligente Tiere und durchschauten diese Alternativmaßnahmen, wie zB Vogelscheuchen, meist relativ schnell, sodass der Erfolg immer nur sehr kurzfristig sei. Es habe sich gezeigt, dass die Vergrämung durch den Abschuss einzelner Exemplare bei weitem am wirkungsvollsten sei. Die Berechnung der Schäden erfolge immer nach den einschlägigen Methoden. Bei Anbauflächen vergleiche man in der Regel Flächen miteinander, wo vergrämt werde und wo dies nicht passiere. Dazu habe es bereits mehrere Gutachten gegeben. Im Flachgau habe man beispielsweise für Mais- und Getreideflächen Ernteausfälle zwischen 5 % und 25 % ermittelt. Dies mache pro Hektar dann einen Betrag von € 500,-- bis € 1.000,-- aus. Bei über 2.000 ha Getreide- und Maisflächen im Bundesland Salzburg entstünden so ganz erhebliche Schadenssummen.
Mag. Purtscher (Shifting Values e.U.) weist darauf hin, dass es sich bei den von der Petition erfassten Tieren nicht um jagdbare Tiere handle. Abschussplanverordnungen seien sicherlich für Schalenwild sinnvoll, aber nicht für geschützte Vogelarten. Es gehe somit um Ausnahmen vom bestehenden Schutz, welche begründet werden müssten. Die 376 erlassenen Bescheide seien aber nicht begründet. Betreffend die Aushebelung der Rechte aus der Aarhus-Konvention wolle er festhalten, dass in der Konvention vorgesehen sei, dass die Rechte der Umweltorganisationen nicht unnötig erschwert werden dürften. Dies sei jedoch hier der Fall, da die Beschwerde gegen 376 Bescheide Kosten von rund € 11.000,-- und einen erheblichen Zeitaufwand verursachen würde. Zudem hätten Beschwerden gegen diese Bescheide auch keine aufschiebende Wirkung, was bedeute, dass die Bescheide sofort umgesetzt werden könnten. Aus seiner Sicht könne auch nicht gesagt werden, dass der Eichelhäher ein Gewinner der Kulturlandschaft sei, da dessen Bestände zurückgingen.
Mag.a Fidler (Landesjägermeister-Stellvertreterin) betont, dass die Salzburger Jägerschaft sehr eng mit der Landwirtschaft und den Grundeigentümern verbunden sei und diese gerne unterstütze. Wildtiermanagement umfasse alle Maßnahmen und Strategien, um Wildtiere in einem ökologisch, sozial und wirtschaftlich ausgewogenen Verhältnis zu halten. Ein ganz wichtiger Faktor sei dabei natürlich der Schutz des Wildes. Die Bestandsregulierung, der Artenschutz und die Biodiversität seien für die Jägerschaft ein ganz hohes Gut. Zudem kenne niemand die Natur so gut wie die Jägerschaft, da man täglich vor Ort sei. Zu den Krähenzählungen führt Mag.a Fidler aus, dass diese von der Jägerschaft und den Jagdschutzorganen nach bestem Wissen und Gewissen durchgeführt würden. Die nächste Zählung für Eichelhäher und Elstern werde am 26. Oktober stattfinden. Zum Eichelhäher sei zu sagen, dass dieser ein Opportunist und natürlich ein Gewinner der Kulturlandschaft sei. Der Bestand habe sich sicher nicht verringert.
Klubobmann Abg. Mag. Mayer stellt zur Erledigung des Verhandlungsgegenstandes den Antrag, den Bericht der Abteilung 4 zur Kenntnis zu nehmen. Dem wird von Abg. Mag.a Dr.in Humer-Vogl nicht zugestimmt.
Der Antrag der GRÜNEN wird mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ gegen die Stimmen von SPÖ, KPÖ PLUS und GRÜNEN – sohin mehrstimmig – abgelehnt.
Der Antrag, den Bericht der Abteilung 4 zur Kenntnis zu nehmen, wird mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ gegen die Stimmen von SPÖ, KPÖ PLUS und GRÜNEN – sohin mehrstimmig – angenommen.
Gemäß § 49 Abs. 2 Landtags-Geschäftsordnungsgesetz wird Zweiter Präsident KommR Teufl als Berichterstatter namhaft gemacht.
Der Petitionsausschuss stellt mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ gegen die Stimmen von SPÖ, KPÖ PLUS und GRÜNEN – sohin mehrstimmig - den
Antrag,
der Salzburger Landtag wolle beschließen:
Der Bericht der Abteilung 4 wird zur Kenntnis genommen.
Salzburg, am 11. September 2024
Der Vorsitzende:
Der Berichterstatter:
Mag. Eichinger eh.
KommR Teufl eh.
Beschluss des Salzburger Landtages vom 2. Oktober 2024:
Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ gegen die Stimmen von SPÖ, KPÖ PLUS und GRÜNEN – sohin mehrstimmig – zum Beschluss erhoben.