Meldung anzeigen


Nr. 106 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages

(3. Session der 17. Gesetzgebungsperiode)

Bericht

des Petitionsausschusses zur Petition betreffend „Unsere Natur braucht Schutz“

Der Petitionsausschuss hat sich in der Sitzung vom 9. Oktober 2024 mit der Petition befasst.

Klubobfrau Abg. Mag.a Berthold MBA weist darauf hin, dass die zur Beratung vorliegende Petition hinsichtlich der online abgegebenen Unterstützungserklärungen die bisher erfolgreichste Petition im Land Salzburg sei und auch von ihr aus voller Überzeugung unterstützt werde. Die Unterstützer:innen der Petition verlangten, dass Maßnahmen zur Schwächung des Natur- und Artenschutzes und konkret die Novellierung des Salzburger Naturschutzgesetzes 1999, des Salzburgr Nationalparkgesetzes 2014 und des Landesumweltanwaltschafts-Gesetzes abzulehnen seien. In der Vorwoche sei das Thema im Ausschuss bereits intensiv diskutiert und die betreffende Regierungsvorlage im Plenum beschlossen worden. Sie zitiere aus diesem Grund den ehemaligen Landesumweltanwalt Stüber, der zum Ausdruck gebracht habe, dass mit dem Beschluss dieses Gesetzes der Naturschutz erledigt sei. Es sei nun ein weiteres Gesetz in Planung, das die Entmachtung der Landesumweltanwaltschaft (LUA) zur Folge haben werde. Die Natur komme immer mehr unter Druck, sei es durch Bodenversiegelung, Einsatz von Pestiziden oder Mähpraktiken. Dies seien belegte Fakten und keine Panikmache. Ein starker Naturschutz sei daher notwendig. In der Vergangenheit sei unter Landesrätin Widrich ein starkes Naturschutzgesetz erarbeitet und mit der Begründung der Landesumweltanwaltschaft Ende der 1980er-Jahre ein weiterer wichtiger Schritt gesetzt worden. Diese Errungenschaften plane die derzeitige Landesregierung zu beschneiden. Sie erinnere daran, dass damit die Lebensgrundlagen künftiger Generationen bedroht würden. In diesem Zusammenhang verweise sie auf den von zahlreichen Personen und Umweltorganisationen unterzeichneten offenen Brief, der im Hinblick auf die geplante Schwächung des Naturschutzes an die Landesregierung gerichtet worden sei.

Dr. Herbst (Naturschutzbund, Petent) verweist auf die Verdienste des ehemaligen Landesumweltanwaltes Stüber um den Natur- und Landschaftsschutz. Seitens der Landesregierung orte er diesbezüglich aber Desinteresse oder fehlendes Bewusstsein für die Prioritäten der Zukunft. Neben dem Naturschutz gehe es um die Zerstörung von Naturlandschaften und somit auch um die Zerstörung eines historischen Erbes. Hinsichtlich der mit der Gesetzesänderung angestrebten Vereinfachung der Verfahren warne er vor einer Verlagerung der Aufgaben aus einer funktionierenden Verwaltung in private Unternehmen, dies auch vor dem Hintergrund der in den Medien angekündigten Stelleneinsparungen im Landesdienst.

Mag.a Dagostin (Alpenverein, Petentin) ergänzt zur Anzahl der Verfahren und der Verfahrensdauer, dass nur 3 % der Umweltverfahren in Salzburg dem UVP-Gesetz unterlägen. Auch die Verfahrensdauer halte sich mit ca. drei Monaten von Antragstellung bis zur Entscheidung in Grenzen.

MMag.a Pöllinger (Landesumweltanwältin Steiermark, Petentin) nimmt zur Frage der Verfahrensverzögerung durch die LUA Salzburg Stellung. Von 800 Verfahren habe die LUA an 400 teilgenommen, wobei es bei zehn Verfahren zu Beschwerden gekommen sei. Das Kraftwerk Stegenwald sei das einzige Projekt, bei dem die LUA beim Verwaltungsgerichtshof in Revision gegangen sei. Es sei der gesetzliche Auftrag der LUA, der Natur in den Verfahren eine Stimme zu geben. Der Interessenausgleich werde durch die Behörde vorgenommen. Man müsse die Frage stellen, wer die Rolle der LUA übernehme, wenn deren Rechte gekürzt würden. Wenn die Behörde entscheiden und zugleich Interessen vertreten müsse, ergäben sich ihrer Ansicht nach Interessenkonflikte. Die LUA dürfe nicht zu einem Feigenblatt verkommen. In einer weiteren Wortmeldung ergänzt MMag.a Pöllinger hinsichtlich einer diskutierten Eigenrechtsfähigkeit der Natur, dass diese dadurch eine eigene Rechtspersönlichkeit erhalte. Wenn Einschnitte in die Natur erfolgten, betreffe das in der Folge die Rechtssphäre dieser Rechtsperson. Dies sei dann relevant, wenn diese Rechtsperson die Verletzung von Rechten einklage. Dazu brauche sie jemanden, der sie vertrete.

Frau Eichberger MSc (Naturschutzbund, Petentin) beklagt, dass die vielen Expertenmeinungen in der Erarbeitung der Gesetzesänderung nicht gehört worden seien. Diese müssten ernst genommen werden.

Klubobmann Abg. Dr. Schöppl entgegnet, dass nun schon zum dritten Mal eine ausführliche Diskussion geführt werde, aber Falsches mit der Wiederholung nicht richtiger werde. Mit dem Verlesen von Namen von Unterstützern würden keine Argumente vorgebracht. Er halte fest, dass die Landesregierung Probleme pragmatisch angehe und eine Abwägung von Interessen stattfinde. In der Diskussion wünsche er sich mehr Respekt für die Landwirtschaft, die sich für den Erhalt der Umwelt einsetze. Zum Kraftwerk Stegenwald sei anzufügen, dass der Energieversorgung im eigenen Land Vorrang gegeben werden solle. Bezüglich der Verfahrensbeschleunigung und der Sachverständigen unterstütze er, dass Verfahren rasch und effizient vollzogen werden sollten. Die Expertise von außen sei oft notwendig und gut. Der Vorwurf, dass die Interessen der Natur nicht wahrgenommen würden, wenn die Kompetenzen der LUA überdacht würden, sei falsch. Es handle sich hierbei nur um Stimmungsmache von Vorfeldorganisationen und Interessensvertretern.

Klubobfrau Abg. Hangöbl BEd begründet ihre Unterstützung der Petition damit, dass der Naturschutz vielen nicht profitabel erscheine und bei Entscheidungen häufig Profitinteressen über Natur- und Artenschutz gestellt würden. Deshalb seien starke und strenge Gesetze wichtig. Viele Experten und Expertinnen hätten aufgrund der Gesetzesnovelle berechtigte Bedenken geäußert. Diese seien keine Vorfeldorganisationen der GRÜNEN. Es stelle sich die Frage, ob sich vielleicht eine bessere Diskussion ergeben hätte, wenn auch die Regierungsparteien ihre Expertinnen und Experten in den Ausschuss geladen hätten.

Abg. Leitner wünscht sich in der Diskussion mehr Realitätssinn statt Idealismus. Aus der Sicht der Landwirtschaft seien einige Forderungen unrealistisch, zB jene, dass nur einmal pro Jahr eine Mahd gemacht werden solle. Die Balance zwischen dem Schutz der Natur und der wirtschaftlichen Realität dürfe nicht verloren gehen. Der Schutz der Natur sei wichtig, aber auch die Existenz der Landwirte, die für die Lebensmittelerzeugung sorgten. Viele Landwirtinnen und Landwirte setzten sich aktiv für den Erhalt der Lebensräume ein. Es müsse ein gemeinsamer Weg gefunden werden, bei dem auch die wirtschaftlichen Bedürfnisse berücksichtigt und anerkannt würden.

Abg. Dr.in Dollinger führt aus, dass die Novelle schon unter der vorherigen Landesregierung hätte kommen sollen, man sie aber erst mit der FPÖ durchsetzen habe können. Sie stelle fest, dass der Landeshauptmann nun abschaffe, was sein Vater als Landeshauptmann für den Naturschutz geschaffen habe. Es würden Regelungen abgeschafft, die schon längst gelebt worden seien. Wenn man die Problematik positiv anginge, könnte auch viel Positives erreicht werden. Dies werde jedoch nicht gemacht. Expertinnen und Experten würden in der Diskussion als Seilschaften der GRÜNEN bezeichnet, wogegen sie sich persönlich wehre. Expertinnen und Expterten seien für alle da. Abg. Dr.in Dollinger kritisiert in der Folge das Verhältnis der FPÖ zur Wissenschaft. Insgesamt sei sie dankbar, dass das Thema immer wieder zur Diskussion gebracht werde und die unterschiedlichen Haltungen aufgezeigt würden.

DI Klingler (Referat Naturschutzgrundlagen und Sachverständigendienst, Abteilung 5) beantwortet die Fragen von Klubobmann Abg. Dr. Schöppl dahingehend, dass sich der Naturschutz mit der Novelle nicht erledigt habe. In Salzburg gebe es eine Biotopkartierung, in der 84.000 geschützte Biotope aufschienen, davon seien 8 % Mager- und Trockenstandorte. Diese seien von der Novellierung betroffen. Die Interessen des Naturschutzes seien selbstverständlich weiterhin zu berücksichtigen. Lediglich für jene Bereiche, die bisher einem Schutz unterlegen seien, das seien Mager- und Trockenwiesen zwischen 50 % und 75 % Deckung, brauche es in Zukunft keine naturschutzrechtliche Bewilligung. Es sei festzuhalten, dass sich mit der Gesetzesnovelle per se nichts ändere, sondern erst dann, wenn es zu einem Eingriff komme. Auf die Frage von Klubobfrau Abg. Mag.a Berthold MBA zur Studie der REVITAL Integrative Naturraumplanung GmbH „Kartierung und Differenzierung von Mager- und Trockenstandorten in St. Koloman“ stellt DI Klingler fest, dass sich seit der Erstellung der Studie 2018 nichts geändert habe. Die Frage zum Biodiversitätsmonitoring der Universität Wien und dessen Berücksichtigung im Gesetzesvorschlag könne nicht beantwortet werden, da er nicht damit befasst gewesen sei und die Ergebnisse nicht im Detail kenne. Seines Wissens nach habe sich das Monitoring allerdings nicht auf Mager- und Trockenstandorte bezogen, sondern auf die Entwicklung von Flächen, die vorher intensiv bewirtschaftet gewesen seien und bei denen sich das Bewirtschaftungsregime geändert habe.

Assoz. Prof. Dr. Tribsch (Unversität Salzburg) informiert zur Biodiversität und zu den wissenschaftlichen Grundlagen. Seit Beginn der 1980er-Jahre sei generell ein starker Rückgang der Artenvielfalt zu beobachten, der sich in den letzten Jahren verstärkt habe. Die Fragen zu den Empfehlungen der Forschung, in welcher Weise diese in die Erstellung der Novelle eingeflossen seien und zur Eigenrechtsfähigkeit der Natur könne er dahingehend beantworten, dass der Lebensraumschutz generell sehr wichtig sei. Magerstandorte seien erst durch die menschliche Nutzung entstanden und nur sehr schlecht renaturierbar. Der Schutz dieser Standorte sei sehr weitblickend. Das Thema der Eigenrechtsfähigkeit sei international ein großes Thema im Bereich der Biodiversitätskonventionen. Es gehe darum, der Natur eine Rechtsposition zu geben, sodass Fachleute ihre Expertise zur Verfügung stellten, um Entscheidungen herbeizuführen. Zu den Magerstandorten und zum Lebensraumschutz könne er aus naturschutzfachlicher Sicht ergänzen, dass diese für die Hälfte der heimischen Pflanzen- und Tierarten sehr wichtig seien. Es handle sich um Lebensräume, die erhalten werden sollten und deren Schutz eigentlich sogar noch ausgeweitet werden müsse.

Klubobfrau Abg. Mag.a Berthold MBA bringt für die GRÜNEN einen Erledigungsvorschlag für die Petition ein:

Der Salzburger Landtag wolle beschließen:

  1. Der Landtag nimmt die am 2. Oktober 2024 beschlossenen Schwächungen des Naturschutzes (insbesondere die Herabsetzung des Schutzes von Mager- und Trockenstandorten und von Biotopen im gewidmeten Bauland) und die Streichung des Revisionsrechts der LUA an den Verwaltungsgerichtshof wieder zurück und fordert die Landesregierung auf, umgehend entsprechende Novellen des Salzburger Naturschutzgesetzes, des Salzburger Nationalparkgesetzes und des Landesumweltanwaltschafts-Gesetzes vorzulegen.
  2. Die Salzburger Landesregierung wird aufgefordert,
    1. die bestehenden, gesetzlich verankerten Partei- und Beteiligtenrechte der Salzburger Landesumweltanwaltschaft im Sinne der Generationengerechtigkeit vollumfassend anzuerkennen und nicht zu beschneiden,
    2. ein Naturschutzprogramm zu erarbeiten, das klare Ziele zur Verbesserung der ökologischen Situation in Salzburg definiert und konkrete Maßnahmen zur Förderung der Artenvielfalt sowie zum Schutz von Schutzgebieten beinhaltet,
    3. eine naturschutzfachliche Beratung für Projektwerber:innen auszubauen, damit die Einreichungsunterlagen besser werden und somit die Verfahren schneller abgewickelt werden können,
    4. die Personalressourcen im Bereich des amtlichen Naturschutzes auszubauen.

Klubobmann Abg. Dr. Schöppl bringt für die FPÖ als Erledigungsvorschlag ein, den Bericht der Abteilung 5 zur Kenntnis zu nehmen. Dieser Erledigungsvorschlag wird in der Folge mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ gegen die Stimmen von SPÖ, KPÖ PLUS und GRÜNEN – sohin mehrstimmig – angenommen.

Gemäß § 49 Abs. 2 Landtags-Geschäftsordnungsgesetz wird Abg. Dr. Hochwimmer als Berichterstatter namhaft gemacht.

Der Petitionsausschuss stellt mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ gegen die Stimmen von SPÖ, KPÖ PLUS und GRÜNEN – sohin mehrstimmig - den

Antrag,

der Salzburger Landtag wolle beschließen:

Der Bericht der Abteilung 5 wird zur Kenntnis genommen.

Salzburg, am 9. Oktober 2024

Der Vorsitzende:

 

Der Berichterstatter:

Mag. Eichinger eh.

 

Dr. Hochwimmer eh.

Beschluss des Salzburger Landtages vom 6. November 2024:
Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ gegen die Stimmen von SPÖ, KPÖ PLUS und GRÜNEN – sohin mehrstimmig – zum Beschluss erhoben.