Nr. 182 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages
(3. Session der 17. Gesetzgebungsperiode)
des Petitionsausschusses zur Petition betreffend die Anstellung pflegender bzw. betreuender An- und Zugehöriger – Pflege verdient Anerkennung
Der Petitionsausschuss hat sich in der Sitzung vom 20. November 2024 mit der Petition befasst.
Abg. Thöny MBA stellt die Petition betreffend die Anstellung pflegender bzw. betreuender An- und Zugehöriger – Pflege verdient Anerkennung vor, die von ca. 4.000 Personen unterzeichnet und am 9. November 2024 der Landtagspräsidentin übergeben worden sei. Die Petition fordere die Anstellung pflegender Angehöriger nach dem sogenannten Burgenland-Modell, inklusive sozialversicherungsrechtlicher Absicherung, Pensionsbeitragszeiten, Ersatzkraft im Krankheitsfall, Erholungsurlaub und unentgeltlicher Pflege-Grundausbildung. Zudem werde eine Heimhilfeausbildung zur Weiterqualifikation vorgeschlagen. Die Petition verlange auch den Ausbau der Pflegeberatungsstellen, bessere Aufklärung über Unterstützungsangebote, die Verbesserung der Entlastungsangebote für Angehörige und die gesellschaftliche sowie finanzielle Anerkennung der Pflegearbeit. Abg. Thöny MBA betont, dass der Vorschlag für eine Umsetzung der Anstellung pflegender bzw. betreuender An- und Zugehöriger nach dem sogenannten Burgenland-Modell in Salzburg als eine Möglichkeit in Ergänzung zum bereits bestehenden Angebot im Bereich der Pflege zu betrachten sei. Die Evaluierung des Modells sei in der Zwischenzeit abgeschlossen und man könne darangehen, dieses Modell auch in Salzburg einzuführen und schrittweise zu verbessern. Die Probleme im Bereich der Pflege seien bekannt. Viele Menschen hätten gar keine andere Möglichkeit als zu Hause von Angehörigen betreut zu werden. Aufgrund der langen Wartelisten in Seniorenheimen würden 80 % der hilfs- und pflegebedürftigen Menschen zu Hause leben. Abg. Thöny MBA berichtet, dass sie die Erfahrung gemacht habe, dass Unterstützungsangebote, Informationen über die Pflegeberatungsstellen und weiteres Informationsmaterial in der Bevölkerung nicht bekannt seien und daher auch nicht in Anspruch genommen würden. Das sogenannte Burgenland-Modell mit der Anstellung pflegender bzw. betreuender An- und Zugehöriger biete einen Lösungsansatz. Darauf könne man aufsetzen und das Modell bei Bedarf adaptieren. Die Landesregierung müsse endlich handeln und Lösungen vorlegen. Diese seien jetzt dringend notwendig und könnten nicht auf die lange Bank geschoben werden. Die anwesenden Expertinnen und Experten ersucht Abg. Thöny MBA abschließend um Erläuterungen zum sogenannten Burgenland-Modell und zur Notwendigkeit von Pflegeberatungsstellen.
Frau Hemetsberger-Wasserbauer (Petentin) schildert ihre Erfahrungen als betreuende Angehörige. Sie sei der Überzeugung, dass es notwendig sei, ein Zeichen zu setzen und auf die Situation betreuender Angehöriger aufmerksam zu machen. Die Rückmeldungen beim Sammeln der Unterschriften für die Petition hätten eindrücklich bewiesen, dass im ganzen Land der Bedarf für Unterstützungsangebote gegeben sei. Sie richte daher abermals einen dringenden Appell an alle, dass die Situation der Seniorinnen und Senioren bzw. aller Pflege- und Betreuungspersonen zumindest erleichtert werde.
Abg. Rieder weist darauf hin, dass sich der Salzburger Landtag im Februar 2024 bereits sehr intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt habe. Damals sei mit viel Engagement das berechtigte Anliegen vorgebracht worden. Landtagspräsidentin Dr.in Pallauf habe auf das bereits bestehende Unterstützungsangebot in der Stadt und in den Bezirken aufmerksam gemacht. Ebenso sei auf die Zielsetzung des Regierungsprogramms 2023 – 2028 hingewiesen worden. Auch die arbeitsrechtlichen Bedenken seien damals zum Ausdruck gebracht worden. Die Herausforderungen hätten sich in der Zwischenzeit nicht wesentlich geändert. Die Rahmenbedingungen seien den Verantwortlichen bewusst und würden konstruktiv weiterbearbeitet. Abg. Rieder kündigt die Einbringung eines Erledigungsvorschlages an, mit welchem die Bundesregierung aufgefordert werden solle, an Stelle einer Anstellung die Umsetzung eines adäquaten Einkommensersatzes für pflegende Angehörige zu prüfen.
Landesrat Ing. Pewny stimmt der Notwendigkeit der Entlastung von Angehörigen zu. Die Bedenken bezüglich des Burgenland-Modells seien jedoch immer noch vorhanden. Er könne aber berichten, dass im Bereich der Tageszentren dank der Unterstützung der Bürgermeister mehr Plätze zur Verfügung stünden. In Ergänzung dazu werde die Salzburger Pflegeberatung auch immer weiter ausgebaut. Er stimme jedoch zu, dass die Information über die Pflegeberatung noch weiter forciert werden müsse. In den Beratungsstellen werde ausgezeichnete Arbeit geleistet und dort sei großes Wissen über verschiedene Möglichkeiten der Unterstützung vorhanden. Die Situation in den Seniorenheimen werde aber auch in Zukunft eine große Herausforderung bleiben. Er lade deshalb dazu ein, gemeinsam mit Expertinnen und Experten Lösungen zu entwickeln. Die Anstellung betreuender Angehöriger durch das Land gehöre jedoch nicht dazu. Selbstverständlich werde das Anliegen der Petition aber ernst und die Erarbeitung von Lösungen in Angriff genommen.
Klubobfrau Abg. Hangöbl BEd gibt zu bedenken, dass Frauen sehr oft unbezahlte Care-Arbeit leisteten. So auch im Fall der Pflege, die in das Private verlagert werde. Diese Arbeit erfolge nicht nur gratis, sondern auch ohne Versicherung. Wenn sich daran nichts ändere, ändere sich auch am Problem der Frauenarmut in Zukunft nichts. Das Burgenland-Modell betrachte sie daher als einen Schritt in die richtige Richtung, wenn auch immer wieder Anpassungen erfolgen müssten. Dies zeige auch ein ähnliches Modell in Graz. Bei den beiden Experten aus dem Burgenland und aus Graz erkundigt sie sich nach den Vorteilen und Unterschieden der beiden Modelle und wie die arbeitsrechtliche Problematik gelöst werde.
Abg. Mag. Zallinger drückt seine Skepsis bezüglich des Burgenland-Modells aus. Er habe sich an Ort und Stelle persönlich ein Bild des Modells gemacht und entsprechende Expertise und Meinungen eingeholt. Die Frage der Arbeitszeiten und der Arbeitsbelastung halte er für höchst bedenklich und professionelle Hilfe dürfe ebenfalls nicht zurückgedrängt werden. Unbestreitbar sei, dass Modelle zur Unterstützung pflegender Angehöriger weiterentwickelt und ausgebaut werden müssten. An den Vertreter der Stadt Graz richtet er die Frage, wie die Anstellung der pflegenden Angehörigen vollzogen werde.
Abg. Mag.a Dr.in Humer-Vogl sagt, dass die Sorgen der Senior:innen und der pflegenden Angehörigen verständlich seien. Sie kritisiere aber die Untätigkeit der aktuellen Landesregierung. Die Politik müsse entsprechende Strukturen zur Verfügung stellen, damit die beste Pflege möglich sei. Derzeit werde die Pflege aber an die Wand gefahren. Die Petition enthalte viele gute Ideen, hinsichtlich des Burgenland-Modells gebe es aber noch zahlreiche rechtliche und begriffliche Unsicherheiten. Die Expertin der Abteilung 3 ersuche sie um Auskunft in Bezug auf rechtliche Unsicherheiten zur Thematik von Anstellungen und Doppelförderungen. Als wichtig erachte sie die Frage eines adäquaten Einkommensersatzes ebenso wie die Problematik der Rückkehr in den Beruf. Zum Erledigungsvorschlag der FPÖ sei anzumerken, dass dieser bereits Anfang des Jahres beschlossen worden sei und man jetzt endlich zu Taten schreiten müsse.
Prof. (FH) Mag. (FH) Tauchner (Fachhochschule Burgenland) informiert, dass das Burgenland-Modell entwickelt worden sei, um dem Bedürfnis einer wohnortnahen Versorgung zu entsprechen. Gleichzeitig sei ein Ausbau der Tageszentren erfolgt. Dem Thema der Arbeitszeit werde mit Arbeitszeitaufzeichnungen und entsprechenden Kontrollen begegnet. Viele Angehörige wünschten sich die schnelle Erreichbarkeit einer professionellen Unterstützung. Diese werde durch entsprechende Pflegestützpunkte geleistet. Urlaubsvertretungen würden zu 70 % durch Familienmitglieder übernommen. Das besagte Modell sei 2023 verlängert worden und werde Zug um Zug verbessert. Auch wenn es kritische Punkte gebe, biete es eine Möglichkeit, an der man sich orientieren könne.
Herr Fröch (Magistrat Stadt Graz) gibt zur Auskunft, dass das Grazer Modell auf dem Burgenland-Modell aufsetze, ressourcen- und kompetenzrechtlich jedoch anders gelagert sei. Inhaltlich sei das Projekt bei der Pflegedrehscheibe angesiedelt und von Amtssachverständigen erledigt. Die arbeitsrechtlichen Fragen, die Anstellungen und Auszahlungen seien aber an eine externe Leasingfirma übergeben worden. Herr Fröch beantwortet weiters die Fragen zu Arbeitszeitaufzeichnungen, Urlaubsvertretungen und Burnoutprophylaxe im Detail. Das Modell biete eine strukturelle Entlastung für die betroffenen Personen. Probleme und Belastungen könnten so frühzeitig erkannt werden. In der Folge geht Herr Fröch genauer auf die Unterschiede zwischen dem Grazer Pilotprojekt und dem Burgenland-Modell ein.
Herr Höllbacher (Pensionistenverband Salzburg) berichtet, dass die Vertreter:innen des Pensionistenverbandes häufig mit Fragen von Gepflegten und Pflegenden konfrontiert sei. Er erkenne große Informationslücken in der Bevölkerung und einen entsprechenden Bedarf an einem Ausbau der Pflegeberatungsstellen und Informationen in der Öffentlichkeit.
Mag.a (FH) Kirchmauer-Ecker MA (Referat Pflege und Betreuung) ersucht, die Fragen schriftlich beantworten zu dürfen.
Abg. Thöny MBA schlägt vor, für die Petition betreffend die Anstellung pflegender bzw. betreuender An- und Zugehöriger – Pflege verdient Anerkennung folgende Erledigung zu beschließen:
Die Landesregierung wird aufgefordert,
Auf Vorschlag von Abg. Mag.a Dr.in Humer-Vogl wird der Erledigungsvorschlag punktweise abgestimmt und hinsichtlich Punkt 1. mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und GRÜNEN gegen die Stimmen von SPÖ und KPÖ PLUS – sohin mehrstimmig – und hinsichtlich der Punkte 2. bis 5. jeweils mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ gegen die Stimmen von SPÖ, KPÖ PLUS und GRÜNEN – sohin mehrstimmig – abgelehnt.
Abg. Rieder bringt einen Erledigungsvorschlag für die Petition ein, der mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ gegen die Stimmen von SPÖ, KPÖ PLUS und GRÜNEN – sohin mehrstimmig – angenommen wird.
Gemäß § 49 Abs. 2 Landtags-Geschäftsordnungsgesetz wird Abg. Rieder als Berichterstatter namhaft gemacht.
Der Petitionsausschuss stellt mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ gegen die Stimmen von SPÖ, KPÖ PLUS und GRÜNEN – sohin mehrstimmig - den
Antrag,
der Salzburger Landtag wolle beschließen:
2. Die Salzburger Landesregierung wird ersucht, an die Bundesregierung mit der Forderung heranzutreten, der langjährigen Forderung der Interessensgemeinschaft pflegender Angehöriger nachzukommen und gemeinsam mit der Interessensgemeinschaft pflegender Angehöriger an Stelle einer Anstellung die Umsetzung eines adäquaten Einkommensersatzes für pflegende Angehörige zu prüfen.
Salzburg, am 20. November 2024
Der Vorsitzende:
Der Berichterstatter:
Mag. Eichinger eh.
Rieder eh.
Beschluss des Salzburger Landtages vom 18. Dezember 2024:
Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ gegen die Stimmen von SPÖ, KPÖ PLUS und GRÜNEN – sohin mehrstimmig – zum Beschluss erhoben.