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Nr. 272 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages

(3. Session der 17. Gesetzgebungsperiode)

Bericht

des Petitionsausschusses zur Petition betreffend kein Sparpaket zu Lasten der Ärmsten

Der Petitionsausschuss hat sich in der Sitzung vom 22. Jänner 2025 mit der Petition befasst.

Abg. Thöny MBA berichtet, dass dem Salzburger Landtag anlässlich des Internationalen Tages für die Beseitigung von Armut im Namen der Volkshilfe Salzburg eine Petition übergeben worden sei, die an die politisch Verantwortlichen appelliere, im Rahmen der bevorstehenden und laufenden Budgetverhandlungen auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene keine Sparpakete zu Lasten der Ärmsten in unserer Gesellschaft zu schnüren. In Salzburg seien rund 60.000 Menschen von Armut betroffen oder armutsgefährdet. Weitere Einsparungen im sozialen Bereich würde die Lebenssituation dieser Menschen dramatisch verschlimmern. Es müsse unbedingt vermieden werden, dass durch überzogene Sparmaßnahmen noch mehr Menschen in Armut gerieten. Die Petenten würden die Notwendigkeit in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sparsam zu haushalten anerkennen. Dennoch werde gefordert, dass soziale Verantwortung und Rücksichtnahme dabei oberste Priorität hätten. Es sei unerlässlich, dass die Budgetentscheidungen in Salzburg im Sinne der am stärksten benachteiligten Menschen getroffen würden. Laut eines Berichts der Schuldnerberatung sei 2024 das zweite Jahr in Folge mit mehr als 1.000 Erstberatungen aufgrund der Steigerungen bei den Energie- und Wohnkosten gewesen. Auch für 2025 werde keine Besserung erwartet. Eine Analyse der Arbeiterkammer Salzburg habe ergeben, dass die Preise 2024 deutlich nach oben geschossen seien, der tägliche Einkauf bleibe der Inflationstreiber. Die Salzburger Armutskonferenz habe schon mehrmals darauf hingewiesen, dass aufgrund der Verschlechterung des Sozialunterstützungsgesetzes gepaart mit der Teuerung viele Menschen zu wenig zum Leben hätten. Die Caritas habe darauf hingewiesen, dass dringend Maßnahmen gesetzt werden müssten. Es brauche Spendengelder, Sozialmärkte etc. Auf die Kinderarmut sei zudem schon mehrmals im Landtag hingewiesen worden. Die Kindergrundsicherung wäre ein wirksames Instrument zu deren Beseitigung. Neben Alleinerziehenden und Pensionistinnen und Pensionisten benötigten oft auch Menschen in Vollbeschäftigung Unterstützung. Die Verbesserungsvorschläge der SPÖ zu diesem Thema seien leider meist abgeändert oder abgelehnt worden. Die Volkshilfe und der Pensionistenverband hätten darauf hingewiesen, dass der Heizkostenzuschuss ohne Bundesmittel viel geringer ausfalle und dass die Einkommensgrenze immer noch nicht auf die Armutsgefährdungsschwelle angehoben worden sei. Abg. Thöny MBA verweist auf eine ORF-Berichterstattung, wonach auch von Seiten der Caritas dazu aufgefordert worden sei, Einsparungen so vorzunehmen, dass die Zahl der Armutsgefährdeten nicht weiter steige. Armut sei kein Tabuthema, das gehöre viel mehr in die Bevölkerung hinausgetragen.

Herr Pichler (Volkshilfe Salzburg, Petent) führt aus, die Volkshilfe Salzburg sei ein gemeinnütziger sozialer Verein mit dem Ziel der Hilfe für alle Menschen, die nicht auf die Butterseite des Lebens gefallen seien. Man habe über 800 haupt- und ehrenamtlich Tätige. Hilfeleistungen würden in den Bereichen Pflege, Hausbetreuung, Betreuung von Menschen mit Behinderung und als politischer Schwerpunkt in der Armutsbekämpfung erbracht. Niemand lebe gerne oder freiwillig in Armut, das gelte besonders für Kinder. Stark im Ansteigen begriffen sei die Altersarmut, die nicht so sichtbar sei, denn die Betroffenen schämten sich und litten still. Die Durchschnittspension für Frauen in Österreich liege bei € 1.400,--. Wenn davon Wohnkosten von über € 1.000,-- zu begleichen seien, sei vorstellbar, wie schwierig die Bewältigung des Lebens vonstattengehe. Die Volkshilfe sei eine politische, jedoch keine parteipolitische Organisation. Daher habe man im Oktober in der Phase der Budgeterstellung unter Sparzwang darauf aufmerksam gemacht, dass Einsparungen nicht zu Lasten der Ärmsten erfolgen dürften. Es sei gewiss, dass gespart werden müsse, jedoch mit sozialer Verantwortung. Darin wisse man sich mit allen politischen Parteien einig, einzig die Wege zu diesem Ziel seien verschieden. Für Förderungen sei in der Vergangenheit viel Geld ausgegeben worden, Einsparungen dürften nun nicht ohne Rücksicht auf die sozialen Verhältnisse und Bedürfnisse erfolgen. 8 % der Salzburger Bevölkerung hätten angegeben, dass sie sich das regelmäßige Heizen ihrer Wohnung kaum mehr leisten könnten. Diese Gruppe treffe daher die Kürzung des Heizkostenzuschusses ganz brutal. Den Klimabonus hätten Millionen Menschen für ein menschenwürdiges Leben nicht gebraucht, für viele sei er jedoch eine wesentliche Hilfe gewesen. Nach den EU-SILC-Zahlen seien in Salzburg 60.000 Menschen armutsgefährdet, davon 15.000 Kinder. Diese Zahlen dürften nicht weiter steigen.

Abg. Walter BA MA bedankt sich für die Einbringung der Petition und weist darauf hin, dass diese bewusst vor den Budgetdebatten im Herbst eingebracht worden sei. Die Nichtanhebung der Einkommensgrenze beim Heizkostenzuschuss bewirke, dass dieser nicht einmal alle 60.000 Armutsgefährdeten in Salzburg erreiche. Zudem stellten die entfallenden € 350,-- mehr als 2 % des Jahreseinkommens der Ärmsten dar. Der Heizkostenzuschuss koste das Land im Vergleich zum Ankauf von Auen wenig, bringe für die Betroffenen jedoch relativ viel. Armut in Salzburg sei vor allem ein Wohnthema. Die im Einkommensbericht des Rechnungshofes für Salzburg festgestellten unterdurchschnittlichen Einkommen seien zusammen mit den überdurchschnittlich hohen Wohnkosten fatal. Die Wohnkosten stürzten die Menschen in die Armut, hier müsse gehandelt werden. Die kürzlich beschlossene neue Wohnbauförderung sei daher eine vertane Chance. Die restriktiveren Zugangserfordernisse in Form des Nachweises von Deutschkenntnissen würden bei der Armutsgefährdung in den nächsten Jahren sichtbar werden. Die kolportierten Einsparungspläne aus den Verhandlungen zur Bildung einer neuen Bundesregierung träfen überwiegend die Haushalte. Große Unternehmen, die in den Genuss von Corona-Hilfszahlungen gekommen seien, hätten dagegen keinen Beitrag zu leisten. Stattdessen würden Arbeitslose sekkiert, indem ihnen die Möglichkeit genommen werden solle, durch geringfügigen Zuverdienst über die Armutsschwelle zu kommen. Zusätzlich sollten die Pensionistinnen und Pensionisten mit einer Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge belastet werden.

Abg. Mag.a Dr.in Humer-Vogl stellt fest, die aktuelle Landesregierung befördere die Armut eher als sie zu verhindern. Bedauerlicherweise sei der Soziallandesrat nicht anwesend, um sich anzuhören, was seine Entscheidungen bewirkten. Armut wachse auch dort, wo man es nicht auf den ersten Blick vermute. Landesrat Ing. Pewny habe in der Zeit seiner Amtsführung in vielen Bereichen Armut gefördert, etwa durch Abschaffung des psychosozialen Beirats. Psychisch erkrankte Menschen seien besonders häufig von Armut betroffen und bräuchten eine gute psychosoziale Versorgung. Des Weiteren habe Landesrat Ing. Pewny den Miteinander-Plan zur Förderung von Menschen mit Behinderung schubladisiert. Menschen mit Behinderung seien ebenfalls häufig von Armut betroffen und es sei für sie auch besonders schwierig, eine leistbare Wohnung zu finden. Dies werde ein immer größeres Problem, wenn keine barrierefreien Wohnungen mehr gebaut würden. Bei den Budgetberatungen sei sichtbar geworden, dass die Ausgleichstaxenzahlungen aus den Landesbeteiligungen um das Dreifache höher budgetiert worden seien. Dies bedeute, dass in Zukunft noch weniger Menschen in Salzburg einen geschützten Arbeitsplatz hätten. Die Kürzung des Heizkostenzuschusses betreffe vor allem ältere Frauen. Alle Bemühungen um Lösungen seien in den Wind geschlagen worden. Auch die Zerschlagung des Community-Nurse-Projektes treffe vor allem arme Menschen, denn gerade Familien mit wenig Ressourcen profitierten von solchen Angeboten. Auch die Absage an den Plan, im Haus Bolaring eine Einrichtung für ältere Menschen mit chronischen psychischen Erkrankungen zu etablieren, treffe wiederum eine Gruppe besonders von Armut Betroffener. Bekannt sei auch, dass das neue Glückspielgesetz eine Menge Armut produzieren werde.

Abg. Mag. Zallinger bedankt sich ebenfalls für die Einbringung der Petition. Diese betreffe den Kern der Verantwortung in der Sozialpolitik quer über alle Parteien. Es sei eine Erinnerung an die Politik, sich um das Problem der Armut zu kümmern. Die Bekämpfung der Armut sei ein gemeinsames Ziel der Politik, zu diesem Ziel gebe es aber verschiedene Wege. In der Geschichte der Menschheit sei es leider noch nie geglückt, Armut unter den Menschen vollständig zu beseitigen. Realpolitisch dürfe man sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass es jemals gelingen werde. Immer wieder werde Unterstützung und Solidarität notwendig sein, weil Menschen immer in eine Schieflage geraten könnten. Armut komme oft leise, Betroffene erhöben häufig gar nicht ihre Stimme, weil sie sich schämten. Die Verantwortung der Politik sei hier doppelt gefragt. In der Landesregierung und im Landtag habe man Politikerinnen und Politiker mit einem hohen sozialen Spürsinn. Trotz eines beträchtlichen Budgetdefizits des Landes von fast € 500 Mio. sei der Sozialbereich als einziger in der finanziellen Ausstattung gestärkt worden. Für 2025 stünden für Soziales und Wohlfahrt € 693 Mio. zur Verfügung. Dies sei ein starkes Zeichen und Bekenntnis der Politik, Menschen in ihren schwierigsten Lebensphasen beizustehen. Es gehe darum, Lösungen zu finden. Diese Aufgabe stelle sich jeden Tag und jedes Jahr für Gemeinden, Familien, Netzwerke und Non-Profit-Organisationen und für die Politik auf den verschiedenen Ebenen neu. Er selbst stamme aus den 1960er-Jahren. Seine Familie habe im Stadtteil Lehen mit wenig Geld auskommen müssen. Sein Vater sei einfacher Handwerker und später Bediensteter beim Zoll gewesen, seine Mutter habe in der Nacht Strümpfe repassiert. Dass Menschen heute auf anderen Niveaus leben könnten, sei eine wichtige Errungenschaft der letzten Jahrzehnte und Ergebnis dessen, was die Menschen erwirtschaftet hätten. Es könne nämlich nur das zur Verfügung gestellt werden, was vorher erwirtschaftet worden sei. Diese Balance gelte es in der Politik immer zu finden.

Abg. Rieder spricht seinen Dank aus für die Einbringung der Petition und den Einblick in die Tätigkeit der Volkshilfe. Im Hinblick auf die allgemeine wirtschaftliche Lage sei das Eintreten jeder Organisation für ihre Mitglieder selbstverständlich, um eventuell angedachte Einsparungen vorbeugend abzuwenden. Im konkreten Fall sei die Einbringung der Petition nach der Budgeterstellung in Salzburg erfolgt. Das EU-Defizitverfahren auf Bundesebene habe glücklicherweise in den letzten zehn Tagen abgewendet werden können, indem Ausgaben und Einnahmen im Budget noch treffsicherer gegenübergestellt würden und nach Einsparungsmöglichkeiten gesucht worden sei. Vorher seien unter SPÖ-Beteiligung drei Monate Zeit gewesen, nach Möglichkeiten für Einsparungen zu suchen. Es seien aber nur ein paar Vorschläge gebracht worden, wie der Klimabonus, der schon sehr oft strapaziert worden sei. Auf Landesebene seien seit 2021 die Budgetansätze im Sozialbereich von rund € 457 Mio. auf € 657 Mio. erhöht worden. Dies sei eine Steigerung um € 200 Mio. Auf die Sozialunterstützung entfielen von diesem Betrag 7 %, auf Pflege und Betreuung 47 %, auf Teilhabe 29 %, auf Kinder- und Jugendhilfe 11 % und auf die Grundversorgung 5 %. Wer hier von Kahlschlag spreche, nehme manches nicht zur Kenntnis und nehme einzelne Beispiele heraus, um das gesamte Bemühen der Landesregierung in ein schlechtes Licht zu stellen. Die Opposition solle nicht ständig auf die Regierungsparteien einprügeln. Wenn Leistungen von Bund und EU, etwa für den Heizkostenzuschuss oder die Community-Nurses, wegfielen, könnten sie auch nicht mehr weitergegeben werden. Der Anteil der Landesleistung am Heizkostenzuschuss sei trotzdem höher als er vor Gewährung des Bundeszuschusses gewesen sei.

Herr Höllbacher MSc (Pensionistenverband Salzburg) erläutert, dass die bekannt gewordene Kürzung des Heizkostenzuschusses für ihn ein wichtiger Beweggrund zur Teilnahme an der Mahnwache zum Internationalen Tag der Armut am 17. Oktober 2024 gewesen sei. Es treffe nun wieder diejenigen, die ohnehin nicht wüssten, wie sie die Kosten in den Griff bekommen und den Winter überstehen sollten. Es falle die Strompreisbremse weg, Gas und Heizmaterial seien teurer geworden. Laut Jahresbericht der österreichischen Sozialversicherung gebe es in Österreich an die 200.000 Ausgleichszulagenbezieherinnen, in Salzburg 9.700. Dies bedeute ein Einkommen von € 1.217,-- monatlich. Die Durchschnittspensionen beliefen sich über alle Pensionsarten auf € 1.500,--, Männer alleine bekämen rund € 1.900,--, Frauen weniger. Viele wüssten nicht mehr, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollten. Im Seniorenbeirat diskutiere man diese Themen zweimal im Jahr. Ein wichtiger Punkt wäre auch die Anhebung der Bemessungsgrundlagen in der Höhe der Pensionsanhebungen. Für die Gewährung des Heizkostenzuschusses sei das Einkommen des Vormonats maßgeblich. Durch Bezugserhöhungen mit Jahresbeginn könne der Anspruch verloren gehen. Dies betreffe auch andere Förderungen. Eine Lösung wäre die Heranziehung des Jahreseinkommens. Viele Anträge seien zudem durchwegs digital zu stellen, sodass viele Betroffene Hilfestellung für die Eingabe bräuchten, die sie sich oft aus Scham nicht holten. Die Möglichkeit einer automatischen Beantragung für alle Berechtigten solle geprüft werden.

Abg. Thöny MBA bringt folgenden Erledigungsvorschlag für die Petition ein:

Die Landesregierung wird aufgefordert,

1.   bei allen zukünftigen Maßnahmen, die die Salzburger Landesregierung setzt, besonders darauf Rücksicht zu nehmen, dass sich die Lebenssituation von armutsbetroffenen und armutsgefährdeten Salzburgerinnen und Salzburgern nicht verschlechtert bzw. diese von Einsparungen ausgenommen sind;

2.   an die Bundesregierung mit der Forderung heranzutreten, bei künftigen Maßnahmen und allfälligen Einsparungen darauf Rücksicht zu nehmen, dass sich die Situation von armutsbetroffenen und armutsgefährdeten Menschen in Österreich dadurch nicht verschlechtert bzw. diese von Einsparungen ausgenommen sind.

Dieser Antrag wird mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ gegen die Stimmen von SPÖ, KPÖ PLUS und GRÜNEN – sohin mehrstimmig – abgelehnt.

Abg. Rieder bringt für die FPÖ einen Antrag ein, der mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ gegen die Stimmen von SPÖ, KPÖ PLUS und GRÜNEN – sohin mehrstimmig - angenommen wird. Gemäß § 49 Abs. 2 Landtags-Geschäftsordnungsgesetz wird Abg. Rieder als Berichterstatter namhaft gemacht.

Der Petitionsausschuss stellt mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ gegen die Stimmen von SPÖ, KPÖ PLUS und GRÜNEN – sohin mehrstimmig - den

Antrag,

der Salzburger Landtag wolle beschließen:

Die Salzburger Landesregierung wird ersucht, ihre solide Budgetpolitik, welche in wirtschaftlich schwierigen Zeiten eine sparsame Haushaltsführung erfordert, weiterhin auf der Basis höchster sozialer Verantwortung und Rücksichtnahme fortzusetzen.

Salzburg, am 22. Jänner 2025

Der Vorsitzende:

 

Der Berichterstatter:

Mag. Eichinger eh.

 

Rieder eh.

Beschluss des Salzburger Landtages vom 5. Februar 2025:
Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ gegen die Stimmen von SPÖ, KPÖ PLUS und GRÜNEN – sohin mehrstimmig – zum Beschluss erhoben.